Konzessionsvergabe

Von MARKUS SCHÖNING

Dieser Artikel befasst sich im ersten Teil mit allgemeinen Informationen zur Konzessionsvertragsvergabe, um dann im zweiten Teil diese Informationen auf die Situation in Wustrow zu beziehen.

A) Allgemeine Informationen zur Konzessionsvertragsvergabe

Grundsätzlich stehen Gemeinden im Zusammenhang mit der Vergabe von Konzessionsverträgen drei mögliche Wege offen:

  1. Beibehaltung des Konzessionärs unter Beachtung des diskriminierungsfreien Verfahrens
  2. Wechsel des Konzessionärs unter Beachtung des diskriminierungsfreien Verfahrens
  3. Rekommunalisierung der Energieversorgung

Im folgenden wird nur die Konzessionsvergabe näher beschrieben.

Konzessionsverträge im kommunalen Bereich gibt es für die Bereiche Strom und Gas. Es handelt sich hierbei um Wegenutzungsrechte der Gemeinde. Die Konzessionsverträge der Stadt Wustrow laufen in 2012 aus. Der bisherige Stromkonzessionsvertrag kann hier eingesehen werden. Der geltenden Gaskonzessionsvertrag kann hier eingesehen werden. Sie wurden in der Vergangenheit für 20 Jahre abgeschlossen. Das ist die maximale Vertragslaufzeit. Mit der 4. Kartellrechtsnovelle von 1980 hat der Gesetzgeber durch diese begrenzte Höchstlaufzeit für Konzessionsverträge einen (zunächst schwachen) Wettbewerb eingeführt.

Eine weitere Etappe zu mehr Wettbewerb wurde 1998 durch die Reform des Energiewirtschaftsgesetzes geschaffen. Die Reform wurde notwendig, weil auf EU-Ebene eine Richtlinie zur Liberalisierung des Energiemarktes beschlossen wurde, die dann mit eben jener Reform in deutsches Recht umgesetzt wurde. Seit dem Jahr 1998 ist es möglich, seinen Strom- und Gasanbieter frei zu wählen. Um dieses möglich zu machen, muss Energieanbietern das Netz zu Verfügung gestellt werden, sie müssen einen diskriminierungsfreien Netzzugang erhalten. Hierfür werden dann Netznutzungsentgelte (NNE) erhoben.

Eine weitere Stufe zu mehr Wettbewerb wurde 2005 erstiegen mit der Umsetzung der Beschleunigungsrichtlinie durch das wiederum geänderte Energiewirtschaftsgesetz. Durch Einführung des schon in erster Richtlinie festgelegten „Unbundling“ (Entflechtung) wurden Energieunternehmen gezwungen, ihre Strukturen so aufzustellen, dass Vertrieb und Netz unternehmerisch getrennt sind. Es gibt also im Energiemarkt Vertriebsunternehmen, die nur Strom und Gas verkaufen (vertreiben). Und es gibt auf der anderen Seite Netzunternehmen, die das jeweilige Strom- und Gasnetz betreiben. Beide müssen unternehmerisch getrennt sein. Wichtig in diesem Zusammenhang ist auch, dass als Grundversorger durch § 36 Energiewirtschaftsgesetz ein Vertriebsunternehmen festgelegt wurde. Derjenige ist als Grundversorger zu bezeichnen, der die meisten Haushaltskunden im Netzgebiet beliefert.

Konzessionsverträge können folglich nur mit Netzunternehmen geschlossen werden. Das Verfahren zur Vergabe muss zwingend diskriminierungsfrei erfolgen, so schreibt es das Gesetz vor. Einen sehr guten Überblick über das Vergabeverfahren und was dabei beachtet werden muss, gibt Mirko Sauer vom EWeRK Berlin. Darüber hinaus haben Bundeskartellamt und Bundesnetzagentur einen Leitfaden zur Konzessionsvergabe herausgegeben. Rechtlich ist dieser Leitfaden als Handlungsvorschrift der beiden Behörden zu sehen. Missbrauchsfälle werden somit nach diesem Schema ermittelt. In ähnlicher Weise agiert die niedersächsische Landeskartellbehörde in ihrem gut aufgestellten Hinweisen zur Durchführung eines wettbewerblichen Verfahrens nach § 46 Energiewirtschaftsgesetz.

Um ein sauberes und geordnetes Verfahren durchführen zu können, ist eine strikte -auch zeitliche- Trennung zwischen Gaskonzessions- und Stromkonzessionsvergabe von Vorteil.

Hier sind im Wesentlichen folgende (chronologische) Schritte zu beachten:

  1. Gemeindliche Beschäftigung mit dem Thema als Vorbereitung zur Vergabe.
  2. Bekanntmachung des Auslaufens der Konzessionsverträge: im Bundesanzeiger als Grundpflicht. Mit Blick auf rechtlicher Einwandfreiheit ist eine europaweite Bekanntmachung immer anzustreben (siehe hierzu oben bei Mirko Sauer).
  3. Schaffung eines so genannten „level playing field“, also die Schaffung eine gleichen Informationsgrundlage für alle Bewerber. Zur Datenherausgabe gibt es ebenfalls festgelegte Bestimmungen.
  4. Mit dem Bewerbern sollten dann erste Gespräche geführt werden.
  5. Die Auswahlentscheidung muss anhand von vorher festgelegten Auswahlkriterien erfolgen. Diese müssen zwingend objektiv sein und im Vorfeld bekannt gemacht werden. Eine Gewichtung kann im Hinblick auf gemeindliche Präferenzen erfolgen. Diese sollte ebenfalls bekannt gegeben werden. (Zu den Auswahlkriterien nähere Infos weiter unten)
  6. Die Auswahlentscheidung trifft die Gemeinde bei strikter Beachtung ihrer Auswahlkriterien.
  7. Die Entscheidung muss dann letztendlich öffentlich bekannt gegeben und begründet werden. Die Bekanntmachung sollte (wieder) mindestens im Bundesanzeiger erfolgen, auch wenn es nur einen Bewerber gegeben hat.
  8. Bevor schlussendlich der neue Konzessionsvertrag unterschrieben wird, sollte eine (Einspruchs-)Frist von 15 Tagen eingehalten werden, um möglichen Eingaben entsprechen zu können.

Ein diskriminierungsfreies Verfahren durchzuführen, ist also nicht schwierig. Lediglich bei der Austellung der Auswahlkriterien und deren Gewichtung sind einige Dinge näher zu beachten:

Konzessionsabgabenverordnung (KAV): Die KAV legt die maximale Höhe der Konzessionsabgaben fest, die eine Gemeinde von einem Netzbetreiber verlangen kann. Weitere Zahlungen sind verboten. Als weitere (machbare) Leistungen legt der § 3 KAV fest:

  • „Preisnachlässe für den in Niederspannung oder in Niederdruck abgerechneten Eigenverbrauch der Gemeinde bis zu 10 vom Hundert des Rechnungsbetrages für den Netzzugang, sofern diese Preisnachlässe in der Rechnung offen ausgewiesen werden.“
  • „Vergütung notwendiger Kosten, die bei Bau- und Unterhaltungsmaßnahmen an öffentlichen Verkehrswegen der Gemeinden durch Versorgungsleitungen entstehen, die in oder über diesen Verkehrswegen verlegt sind“ und
  • „Verwaltungskostenbeiträge der Versorgungsunternehmen für Leistungen, die die Gemeinde auf Verlangen oder im Einvernehmen mit dem Versorgungsunternehmen zu seinem Vorteil erbringt.“

Weitere Vereinbarungen insbesondere finanzieller Art sind verboten. Es gilt das Nebenleistungsverbot des § 3 Abs. 2 KAV.

Es ist kartellrechtlich auch problematisch, wenn die Gemeinde mit der Konzessionsvergabe Einfluss auf die Höhe der Netznutzungsentgelte nehmen würde.

Die Selbstbindung der Gemeinde an ihre Auswahlkriterien hat mehrere Konsequenzen: (Vgl. Sauer oben)

  • „Erste Konsequenz: Derjenige, der die festgelegten und zulässigen Kriterien am besten erfüllt, muss von der Gemeinde auch ausgewählt werden. Bei der Wertung der Angebote genießt sie zwar immer noch einen gewissen Spielraum. Dieser Spielraum ist aber deutlich eingeengt und vor allem in höherem Maße gerichtlich überprüfbar. Kurzum: Die Gemeinden dürfen festlegen, wie sie es gerne hätten. Wer es dann aber macht, entscheidet im Wesentlichen der Wettbewerb.
  • Zweite Konsequenz: Die Gemeinde darf ihre Entscheidung nur auf Kriterien stützen, die sie vorher auch veröffentlicht hat.
  • Dritte Konsequenz: Unterlässt es die Gemeinde überhaupt Auswahlkriterien anzugeben, kann sie keine Entscheidung treffen. Jede Entscheidung würde die unterlegenen Bieter diskriminieren. Wenn also die Gemeinde ohne konkrete Vorstellungen in Verhandlungen mit den Bewerbern eintritt, muss sie alle Bewerber, dann, wenn ihre Vorstellungen konkret werden, darüber informieren.
  • Vierte Konsequenz: Die Gemeinde muss unterscheidungskräftige Kriterien festlegen.“

Bei den Auswahlkriteien sollte insoweit darauf geachtet werden, als dass sie nicht zu umfangreich werden.

Kommt es zu einem Wechsel des Konzessionärs, stehen bezüglich der Überlassung des Netzes mehrere Möglichkeiten im Raum. Grundsätzlich geht man davon aus, dass der neue Konzessionär das Netz kauft, obwohl eine Pachtlösung ebenso möglich wäre. Da es nicht in die Angelegenheit der Gemeinde fällt, hier eine Lösung zu finden, soll dieser Bereich hier nur rudimentär erwähnt werden. Bezüglich des Netzkaufes gibt das Gesetz die Floskel „wirtschaftlich angemessenen Vergütung“ her. Einen guten Überblick zur „wirtschaftlich angemessenen Vergütung“ findet man bei Svenja Büttner, die eine Ausarbeitung zu dem Thema für das EWeRK Berlin geschrieben hat.

B) Bezogen auf die Situation in Wustrow kann man keinesfalls von einem diskriminierungsfreien Verfahren sprechen:

Für den Bereich Stromkonzessionsvertrag haben sich zwei Bewerber gemeldet: die E.ON AVACON Netz GmbH und die Energieversorgung Elbtalaue (EVE). Nach unserer Meinung wird die E.ON AVACON hier deutlich bevorzugt. Diese Bevorzugung fusst schon auf den politischen Einstellungen der (mehrheitlichen) Fraktionen aus CDU und SPD. Lange bevor wir in das wettbewerbliche Verfahren eingestiegen sind und auch schon lange vor der Aufstellung der Auswahlkriterien hatten diese Fraktionen eine feste Pro-AVACON-Haltung. Dies zeigte sich in Äußerungen von Fraktionsmitgliedern von CDU und SPD in verschiedenen Sitzungen. Diese Haltung, die klar diskriminierend war und eigentlich in einem wettbewerblichen Verfahren abgelegt werden muss, durchzog den gesamten Prozess. Wir haben frühzeitig gesehen, dass das Verfahren so nicht den Regeln entsprach und uns war klar, dass am Ende von den Mehrheitsfraktionen eben die E.ON AVACON gewählt würde.

Unser Versuch, hier zeitnah in einer VA-Sitzung am 20.01.2011 beide Bewerber gleich zu behandeln, wurde abgelehnt.

Die Wustrower Fehlentwicklung gipfelte in einem Ratsbeschluss vom 10. März 2011, wo deutlich die Bevorzugung des bisherigen Netzbetreibers zum Ausdruck kommt:

„Der Rat beschließt,

a) mit der E.ON AVACON AG Verhandlungen über den Abschluss eines neuen Konzessionsvertrages aufzunehmen und

b) eine Entscheidung über die Weitergabe von Unterlagen an die Energieversorgung Elbtalaue erst dann zu treffen, wenn das Gespräch mit der E.ON AVACON stattgefunden hat.“

Mal abgesehen davon, dass wir eigentlich mit der E.ON AVACON NETZ GmbH Verhandlungen aufnehmen müssten (um deutlich die Vertragslage mit einem Netzunternehmen zu determinieren), soll laut Beschluss auch nur ein Konzessionsvertrag abgeschlossen werden. Auch hier zeigt sich das Wustrower Kuddelmudel deutlich, denn es wird nicht zwischen Gaskonzessionsvertrag und Stromkonzessionsvertrag getrennt.

Ein weiterer Punkt, dass es sich um kein diskriminierungsfreies Verfahren handelt, liegt darin begründet, dass wir sehr lange keine Auswahlkriterein beraten, geschweige denn beschlossen haben. Diese für die Auswahlentscheidung wichtigen objektiven Kriterien müssen im Vorfeld bekannt gemacht werden. Statt hierüber im Rat zu befinden, wird in die Verhandlung mit dem bisherigen Netzbetreiber eingestiegen. Statt diese Auswahlkriterien frühzeitig festzulegen, wurden von den Fraktionsmitgliedern der SPD und CDU politische Argumente ins Feld geführt. Dabei bemühten sie immer wieder auch gerne den regionalen Nord-Süd-Konflikt.

Der Makel des Fehlens von Auswahlkriterien wurde erst durch einen Beschluss des VAs vom 23.05.2011 behoben. Ein „unabhängiger“ Privatmann wurde vom VA gemäß § 662 BGB beauftragt und brachte zumindest Struktur in das Verfahren. Nun gut, es wäre zwar genügend Sachverstand im Rat vorhanden gewesen, aber dazu hätte der Bürgermeister seine parteipolitische Schiene verlassen müssen.

Es wurde im Weiteren endlich zwischen Strom und Gas getrennt. Es wurden auch Auswahlkriterien aufgestellt. Diese von dem Privatmensch vorgegebenen Punkte wurden leider nur im VA und nicht im Rat beschlossen, womit wieder das diskriminierungsfreie Verfahren verlassen wurde. Die Auswahlkriterien können hier eingesehen werden.

Zu den Auswahlkriterien ist zu sagen, dass sie grundsätzlich für das Verfahren brauchbar sind. Lediglich zwei der Kriterien sind unseres Erachtens für die Durchführung eines diskriminierungsfreien Verfahrens ungeeignet: die Gewerbesteuerzahlung und die Netzentgelte.

Zu den Netzentgelten nur so viel: sie können von den Bewerbern nicht beeinflusst werden. Bezüglich der Höhe werden die Netzentgelte durch die Bundesnetzagentur anhand der Erlösobergrenzen und -bei Übergang von einem Netzbetreiber auf den nächsten- aanhand der Anreiszregulierung festgelegt. Bezüglich der Entwicklung werden die Netzentgelte von zahlreichen Einflussfaktoren bestimmt, die sich nicht der Sphäre der Bewerber befinden.

Die Gewerbesteuerzahlung als Auswahlkriterium ist schwierig, weil wir grundsätzlich bei der Konzessionsvergabe den Zielsetzungen des Energiewirtschaftsgesetzes verpflichtet sind, wie sie in § 1 EnWG definiert sind. Das ergibt sich aus § 46 Abs. 3 Satz 5 EnWG. Somit kann als Ziel der Gemeinde nicht die Zahlung von Gewerbesteuer im Vordergrund stehen. Daneben gilt das Nebenleistungsverbot des § 3 Abs. 2 KAV (siehe oben). Finanzielle Anreize wie die Gewerbesteuer sind nicht erlaubt. Schlussendlich ist die Gewerbesteuerzahlung gesetzlich fixiert und nur bedingt von der Bewerbern beeinflussbar.

Die Auswahlkriterien wurden dann den Bewerbern übermittelt und der Privatmann hat die Dinge bewertet. Den Überblick finden Sie hier.

Am 04. Juli 2011 fand nun die (entscheidende) Sitzung des Rates statt, in der ein neuer Stromkonzessionsvertrag beschlossen werden sollte. Im Vorfeld hatte wir massive Kritikpunkte an die Verwaltungsspitze in Person des Bürgermeisters gegeben, die jedoch keine Berücksichtigung fanden. Denn wir halten

1. das Verfahren für diskriminierend und

2. die Bewertung durch den „unabhängigen“ Privatmann für nicht objektiv.

Wir lehnten es deshalb ab, dass die Stadt Wustrow (Wendland) einen Stromkonzessionsvertrag mit der E.ON AVACON abschließt, so wie es die Verwaltung mit dem Bürgermeister an der Spitze gerne möchte.

1. Diskriminierungsfreies Verfahren oder nicht?

a. Gemäß § 46 EnWG haben wir die Vergabe der Wegenutzungsrechte im Bundesanzeiger zu veröffentlichen. Bei Netzen mit mehr als 100.000 angeschlossenen Kunden soll zusätzlich die Veröffentlichung im EU-Amtsblatt erfolgen. Dieses Kriterium wurde genannt, um eine gewisse wirtschaftliche Bedeutung der Konzessionsvergabe zu erreichen, ohne die eine europaweite Bekanntmachung keinen Sinn hätte. Bezieht man aber Rechtsprechungen des EUGH mit ein, wäre eine europaweite Ausschreibung von Konzessionsverträgen immer angebracht. Wir haben hier auf Wustrower Ebene ein Stromnetz, das im Jahr 8,6 Millionen Kilowattsunden Strom transportiert. Das mit realistischen Netzentgelten von derzeit 8 CENT pro Kilowattstunde berechnet, ergibt einen jährlichen Umsatz von 688.000€; bei einem 20jährigen Vertrag dann ein Umsatzvolumen von 13,8 Mio.€. Das ist in unseren Augen binnenmarktrelevant. Zum Vergleich: Ausschreibungen öffentlicher Aufträge müssen ab einem Volumen von >; 193.000€ europaweit ausgeschrieben werden. Es wäre also besser gewesen, wenn die Stadt Wustrow zusätzlich im EU-Amtsblatt bekannt gemacht hätte.

b. Unsere Vergabe der Konzessionsverträge wurde im Papierbundesanzeiger veröffentlicht. Daneben gibt es den elektronischen Bundesanzeiger. Der Unterschied: den Papierbundesanzeiger können nur Unternehmen einsehen, die diesen abonnieren. Den elektronischen Bundesanzeiger kann jeder im Internet einsehen. Und: Die Veröffentlichung im Papierbundesanzeiger ist teurer als im elektronischen Bundesanzeiger. Zu den Gründen, warum unsere Verwaltung nur im Papierbundesanzeiger veröffentlicht hat, kann man jetzt viele Spekulationen antreten. Fakt ist, es sind höhere Kosten entstanden und durch die Veröffentlichung im Papierbundesanzeiger wurde die Anzahl der Bewerber von der Verwaltung bewusst verkürzt. Zum Vergleich: Im Nordkreis wurde im elektronischen Bundesanzeiger veröffentlicht und da hatte man Bewerberzahlen im zweistelligen Bereich. Bei uns waren es nur zwei: die E.ON AVACON, die selbstverständlich weiß, wann die Konzession ausläuft und die Energieversorgung Elbtalaue (EVE), weil sie den regionalen Bezug hat. Dass es noch mehrere Interessenten gegeben hätte, zeigt ja dann das Beispiel der WEMAG, die noch nachträglich am Verfahren teilnehmen wollte.

c. Mit Bewerbungsschluss 30.09.2010 hat die EVE Informationen über das Netz von der Stadt Wustrow angefordert. Am 13.12.2010 lagen uns die Informationen vor. Erst am 28.03.2011 gab der VA diese Informationen für die EVE frei. Somit hat die Stadt das gesetzlich geforderte Schaffen einer gleichen Informationsgrundlage für beide Bewerber erst mit halbjähriger Verspätung vollzogen.

d. Am 25.04.2011 verschickte der Bürgermeister eine Mail an alle angeschlossenen Ratsmitglieder. Hierin war ein Leserbrief eines Hitzackeraners aufgeführt, der sich über die EVE und insbesondere über deren Geschäftsführer ausließ. Der Bürgermeister forderte uns darin auf, wir sollten diesen Leserbrief auf unsere Internetseite stellen, um Objektivität herzustellen. In diesem Leserbrief werden Unwahrheiten, ja Lügen über die EVE und deren Geschäftsführer verbreitet. Diese bewusste Fehlinformation durch den Bürgermeister hat dann die ohnehin schon vorgefertigte Meinung über die EVE verstärkt. Das ist diskriminierend.

e. Carsten Riebock, der für die Stadt das Auswahlverfahren begleitet hat, sagte in einer VA-Sitzung, dass es insbesondere wichtig wäre, ein diskriminierungsfreies Verfahren durchzuführen. Er bemerkte, dass es schon diskriminierend sein kann, wenn man mit einem Bewerber zwei Gespräche führt und mit dem andere Bewerber nur eines. Wir haben mit der AVACON zwei Gespräche geführt, mit der EVE nur eines.

f. Zur Entscheidung im Rat am 4. Juli 2011 wurden uns Ratsmitglieder von der Verwaltung die Auswertungsmatrix des „unabhängigen“ Privatmannes und ein Musterkonzessionsvertrag der AVACON zugeschickt. Wir haben verwaltungsseitig von der EVE keinerlei Unterlagen erhalten. Sprich, uns wurde damit nicht Gelegenheit gegeben, eine sachgerechte und vor allem unabhängige Entscheidung zu treffen, sondern der Rat wurde pro AVACON durch die Verwaltung beeinflusst. Das ist diskriminierend. Im Protokoll der VA-Sitzung vom Dienstag, 28. Juni 2011,) sind wesentliche Äußerungen unserer Beigeordneten Heilemann nicht aufgeführt. Durch diese unzureichende Darstellung werden die übrigen, nicht teilnehmenden Ratsmitglieder beeinflusst, wie so oft in Niederschriften dieser Verwaltung. Auch hier wird der diskriminierungsfreie Weg verlassen.

Insgesamt muss als Zwischenfazit festgehalten werden, dass die Vergabe der Stromkonzession in Wustrow nicht diskriminierungsfrei abgelaufen ist.

2. Auswertung der Entscheidungsmatrix:

Bezüglich der Thematik „Entscheidungsmatrix“ rächt es sich, dass die Auswahlkriterien von SPD und CDU nur im VA entscheiden wurden und nicht –wie es die BUNTE FRAKTION und die BsB wollten- im Rat diskutiert wurden. Denn durch die unzureichende Zuspitzung auf Wustrower Verhältnisse kommen mehrere Bewertungen in Betracht.

Die weiteren Ausführungen zeigen dann, dass eben kein Stromkonzessionsvertrag mit der E.ON AVACON geschlossen werden muss, sondern im Gegenteil mit der Energieversorgung Elbtalaue (EVE).

Zu der Bewertung nun Folgendes, beginnend mit den wirtschaftlichen Kriterium:

1. Bezüglich der Netzentgelte hat die EVE eben doch Angaben gemacht: Dr. Horchelhahn hat in seiner persönlichen Vorstellung richtigerweise gesagt, dass die Netzentgelte von der Bundesnetzagentur genehmigt sind, somit die EVE diese Vorgabe übernehmen muss. Im Ergebnis muss der EVE hier also auch ein Punkt zuerkannt werden, weil sie eben das Gleiche wie die AVACON mitteilen.

2. Bezüglich der Konzessionsabgaben haben die Vertreter der E.ON AVACON in der Ratspräsentation die Einschränkung gemacht, dass die höchste Konzessionsabgabe (KA) nur bei einer Laufzeit zwischen 15 und 20 Jahren gezahlt würde. Kürzere Laufzeiten würde die Abgabe reduzieren. Somit muss der AVACON hier ein Punkt abgezogen werden, denn die EVE hat unabhängig von der Laufzeit die höchste KA garantiert.

3. Bezüglich der Folgekostenregelung sind die gemachten Angaben insofern einzuschränken, als dass die E.ON AVACON bei Fehlplanungen keine Kosten trägt. Diese Einschränkung macht die EVE nicht. Hierdurch ergibt sich in unseren Augen ein ausgeglichenes Folgekostenmanagement. Beiden Bewerbern ist je ein Punkt zuzugestehen.

4. Bezüglich der Gewerbesteuer ist zu sagen, dass eine Zerlegung gemäß §§ 28 bis 34 GewStG erfolgt. Sowohl die EVE als auch die AVACON sind gesetzlich gezwungen, Gewerbesteuer in Wustrow nach Maßgabe der Arbeitslöhne zu zahlen. Hier ist somit die Höhe festgelegt. Letztendlich müssen beide Bewerber in diesem Kriterium gleich behandelt werden und je einen Punkt erhalten. Wenig aussagekräftig ist im Übrigen die Heranziehung weiterer Gewerbesteuerberücksichtigungen selbständiger EON-Unternehmen, die hier nichts mit der Konzessionsvergabe zu tun haben. Ansonsten würde ich hier doch fordern, aus Gerechtigkeitsgründen bei der EVE die Gewerbesteuerzahlungen von Küster und SKF mit einzurechnen.

5. Bezüglich der Stärkung lokaler Wirtschaft hat die EVE viel weiter gehende Angaben gemacht. So wurde gesagt, dass der volle Einkauf unternehmerischen Materials hier in der Region erfolgt, dass der Gewinn hier eingesetzt wird und dass alle Aufträge an hiesige Unternehmen verteilt werden. Der EVE muss folglich hier ein stärkeres Argument zuerkannt werden und sie müssen einen Punkt mehr erhalten als die AVACON.

In der Summe ergibt sich somit aus unserer Bewertung: Die EVE erhält im wirtschaftlichen Kriterium 9 Punkte, die AVACON 7 Punkte.

Im Kriterium vor-Ort-Präsenz/Arbeitsplätze ist anzumerken:

1. Es macht wenig Sinn, Angaben der Bewerber anzuzweifeln und ein positives Argument damit zu diskreditieren.

2. Hinsichtlich des Standortes sind die gemachten Angaben zu kurz gefasst. Die EVE wird ihren Hauptsitz in der Region haben. Der Hauptsitz der EON AVACON NETZ GmbH ist in Braunschweig. Somit ist in diesem Kriterium die EVE einen Punkt stärker zu werten.

3. Ansprechpartner für Bürger und Kommune hat die EVE umfangreiche Angaben gemacht, sogar mit Öffnungszeiten. Solche Öffnungszeiten legt die AVACON nicht fest. Daneben hat Dr. Horchelhahn in der Ratspräsentation gesagt, dass die Kommune ihn (also den Geschäftsführer) jederzeit bei Problemen ansprechen kann. Die Angaben der AVACON sind dann doch dürftiger. Der EVE ist folglich ein Punkt mehr zu geben.

Als Unterergebnis erreicht die EVE in dem vor-Ort-Präsenz/Arbeitsplätze Kriterium 9 Punkte, die AVACON 8 Punkte.

Im Kriterium kommunaler Einfluss und Vertragsmerkmale ist zu sagen:

1. Beide Bewerber sichern eine Erdverkabelung zu. Die EVE schränkt hier ein und setzt als Maßgabe die wirtschaftliche Zumutbarkeit. Die AVACON schränkt ein und setzt als Maßgabe den regulatorischen Vorbehalt der Bundesnetzagentur. Beide machen Einschränkungen, somit sind beide Bewerber gleich zu behandeln und je einen Punkt zu geben.

Als Zwischenfazit erhält die EVE in dem kommunaler Einfluss/Vertragsmerkmale Kriterium aus unserer Sicht 11 Punkte, die AVACON 9 Punkte.

Im Endergebnis heißt das: aus unserer Sicht erhält die EVE 29 Punkte (80,56%), die AVACON 24 Punkte (66,67%). Somit ist festzustellen, dass ein Stromkonzessionsvertrag mit der Energieversorgung Elbtalaue abgeschlossen werden muss, wenn wir hier mal die Logik der Verwaltung anwenden.

Diese Kritik wurde von der großen Koalition der Atombefürworter aus SPD und CDU nicht beachtet. In namentlicher Abstimmung beschloss die große Koalition „mit der E.ON AVACON AG einen Wegenutzungs- bzw. Konzessionsvertrag Strom gemäß Angebot vom 17. Juni 2011 abzuschließen.“

Delikat am Ende: der von der AVACON übermittelte Konzessionsvertrag Strom mit Stand vom 17. Juni 2011 enthält keine Angaben über die Vertragslaufzeit. Das heißt, die große Koaltion der Atombefürworter hat zwar einen Stromkonzessionsvertrag mit der AVACON abgeschlossen, aber es wurde nicht beschlossen, wann er beging, wann er endet und vorallem, wie lange er läuft. Schildow lässt grüßen….

Die EVE hat dann (logischerweise) Einspruch gegen diese Entscheidung der großen Koalition der Atomkraftbefürworter eingelegt. Leider wurden auch in diesem Einspruchsverfahren unsere Argumente nicht gehört. Sodann beschloss der Rat – ja genau- mit den Stimmen der Atomparteien im Wustrower Rat, SPD und CDU, die Ablehnung des Einspruches.

Die Ablehnung des Einspruches wurde dann am 28. Oktober 2011 der EVE mitgeteilt. Hier muss gleich angefügt werden, dass wohl jeder und jedem ersichtlich war, dass die EVE nun die Landeskartellbehörde anrufen wird. Trotz dieser zweifelsfreien Vermutung hat es sich der Bürgermeister R. nicht nehmen lassen, am 04. November 2011 den Konzessionsvertrag Strom mit der E.ON AVACON zu unterschreiben. Eine Tatsache, die der Stadt Wustrow noch teuer zu stehen kommen könnte.

Die EVE ist der zweifelsfreien Vermutung gefolgt und hat den Vorgang bei der Landeskartellbehörde angezeigt/prüfen lassen.

Die Stadt Wustrow wurde darauf noch im November 2011 von der Landeskartellbehörde um Stellungnahme gebeten. Darauf kam es zu einem unglaublichen Vorgang in der kommunalpolitische Geschichte der Stadt: der Bürgermeister hat bei dieser Stellungnahme den Rat und VA weder einbezogen noch benachrichtigt und der Kartellbehörde eine Stellunganhme gegeben, die

  1. nicht mit dem Rat der Stadt Wustrow abgestimmt war und
  2. eine Reihe von Unzulänglichkeiten aufweist (sie gibt in einigen Punkten nicht die Realität wieder).

Dies alles wurde erst mit VA-Protokoll vom 13. Februar 2012 (!) bekannt. Wir forderten sogleich den Wortlaut der Stellungnahme an. Hier stellte sich dann heraus, dass bereits die Antwort der Landeskartellbehörde vorliegt und die sieht nicht gut aus…

Weiter in dieser Spur in Kürze…….

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