Postwachstums-Ökonomie

Von MARKUS SCHÖNING

„Das jedoch ist die unbequeme Wahrheit: Mit jedem Promille, das die Güter- und Dienstemenge weltweit zunimmt, schwinden unwiederbringlich Bodenschätze sowie Tier- und Pflanzenarten, steigt die Umweltbelastung und werden weithin Gesellschaften zermürbt. Stagniert die Güter- und Dienstemenge hingegen oder sinkt sie sogar, atmet die Natur messbar auf, der CO2-Anstieg in der Atmosphäre verlangsamt sich und der Säuregehalt der Meere nimmt etwas verhaltener zu. Hätte es noch eines Beweises bedurft, dass die historisch einzigartige Wachstums- und Wohlstandsexpansion, von der seit 250 Jahren immer größere Teile der Welt erfasst werden, nicht in erster Linie Triumph menschlicher Schöpferkraft, sondern Folge einer rigorosen Ausbeutung der Natur und in gewisser Weise auch des Menschen ist, wäre er durch diesen engen Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Umweltbelastung schlagend erbracht. Beide sind Seiten ein und derselben Medaille, welche die Aufschrift trägt: menschlicher Fortschritt.“ (Meinhard Miegel, „Welches Wachstum und welchen Wohlstand wollen wir?“, Essay in: Aus Politik und Zeitgeschichte (APuZ 27-28/2012), Link)

Das wir mit unserer Art des Wirtschaftens unsere Lebensgrundlage zerstören, ist spätestens seit der Veröffentlichung von Meadows´ „The Limits to Growth“ (1972) bekannt. Seither gab und gibt es Anstrengungen, Thesen, Ideen, Denkanstöße, wie die Entkopplung von Wirtschaftswachstum und Naturverbrauch gelingen kann. Schlagwörter hierzu sind Grünes Wachstum, qualitatives Wachstum, Green New Deal und so weiter. Diese Ansätze verkennen aber allesamt, dass mit ihnen maximal eine relative Entkopplung möglich ist. Viele schätzen die Lage aber schon so dramatisch ein, dass selbst eine absolute Entkopplung nicht mehr ausreichend ist.

In diesem Zusammenhang wird in neuster Zeit die Postwachstumsökonomie als möglicher Weg aufgezeigt:

„Als „Postwachstumsökonomie“ wird eine Wirtschaft bezeichnet, die ohne Wachstum des Bruttoinlandsprodukts über stabile, wenngleich mit einem vergleichsweise reduzierten Konsumniveau einhergehende Versorgungsstrukturen verfügt. Die Postwachstumsökonomie grenzt sich von landläufigen, auf Konformität zielende Nachhaltigkeitsvisionen wie „qualitatives“, „nachhaltiges“, „grünes“, „dematerialisiertes“ oder „decarbonisiertes“ Wachstum ab. Den vielen Versuchen, weiteres Wachstum der in Geld gemessenen Wertschöpfung dadurch zu rechtfertigen, dass deren ökologische „Entkopplung“ kraft technischer Innovationen möglich sei, wird somit eine Absage erteilt.“

Diese Definition stammt von Prof. Dr. Niko Paech, dessen ehrgeiziges Ziel die Verbreitung der Postwachstumsökonomik ist, also der Lehre von der Postwachstumsökonomie. Wesentliche, seine Gedanken nachzuvollziehende Informationen wollen wir auf unseren Seiten dokumentieren. Grundlegende Dinge zu dem Thema sind hier zu finden. Dort ist auch weiterführende Literatur vorhanden. Es ist der Link zu der Ringvorlesung zur Postwachstumsökonomie an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg für HörerInnen aller Fakultäten und Gäste.

Darüberhinaus gibt es ein Youtube-Video mit einen Vortrag zu „Befreiung vom Überfluss„, ein Buch, das Prof. Dr. Paech geschrieben hat und das -leicht zu verstehen- die Postwachstumsökonomie beschreibt. Die in dem Video verwendeten Folien sind hier hinterlegt.

Weitere Videos sind hier hinterlegt.

Ein Vortrag zum Thema fand am 10.10.12 in Lüchow vor vollbesetztem Haus statt. Die Berichterstattung der EJZ ist hier zu finden.

Weitere Aufsätze zum Thema:

Die Rebound Effekte, die auch in den Vorträge und Aufsätzen von Prof. Paech erwähnt werden, sind im Zusammenhang mit dem Thema Entkopplung von Energienachfrage und Wirtschaftswachtsum von großer Bedeutung. Eine sehr gute Zusammenfassung mit einer Studie zu diesen Effekten ist bei Tilman Santarius zu finden. Er kommt im Übrigen zu der nüchternen Einschätzung: „Aufgrund der Vielzahl und Verschiedenartigkeit möglicher Rebound Effekte und der Einschätzung, dass sie mindestens die Hälfte der Einsparpotentiale aufzehren werden, können Nachhaltigkeitsziele wie die Verminderung der Treibhausgase um ca. 80-90% in den Industrieländern bis zum Jahr 2050 durch Effizienz- und Konsistenzstrategien alleine nicht erreicht werden. Es ist daher eine kurzsichtige Einschätzung zu glauben, wenn eine absolute Entkoppelung von BIP und Naturverbrauch erzielt wird, könnten Nachhaltigkeitsziele bereits erreicht werden. Irgendwann mögen sie zwar erreicht werden. Aber nicht in der uns noch zur Verfügung stehenden, immer knapper werdenden Zeit.“ (http://blog.postwachstum.de/rebound-effekte-vereiteln-eine-hinreichende-entkoppelung-20131021/)

DANKE! sagen wir bei Prof. Dr. Niko Paech und bei Tilman Santarius, die uns die Veröffentlichung ihres Wissens erlaubt haben!

Wir bleiben an dem Thema dran…

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